Fachkräftemangel in den Kitas muss kurzfristig gelindert und langfristig behoben werden

Bild: Christof Mattes; CC BY-SA 4.0

Der Hessische Landtag hat heute in Zweiter Lesung über Änderungen bei der Kinder- und Jugendhilfe debattiert. Im Mittelpunkt stand dabei das Vorhaben der Regierungsfraktionen, dem Mangel an ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern in den hessischen Kitas durch eine weitere Öffnung für so genannte „Quereinsteiger“ zu begegnen. In der Plenardebatte sagte die stellvertretende Vorsitzende und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Lisa Gnadl:

„Angesichts von derzeit rund 27.000 fehlenden Kita-Plätzen in Hessen besteht auch aus meiner Sicht und aus Sicht der SPD-Fraktion die Notwendigkeit, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, um die Bildungs- und Betreuungsangebote überhaupt aufrecht erhalten zu können und um Kindern, die bisher keinen Kitaplatz haben, den Zugang zu frühkindlicher Bildung zu ermöglichen. Eine moderate Öffnung der Kitas für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger ist natürlich keine gute Lösung, aber sie ist in der jetzigen Situation hinnehmbar. Deswegen wird sich meine Fraktion dieser Übergangslösung nicht grundsätzlich verschließen.

Aber für uns ist auch ganz klar: Wir sprechen hier wirklich über eine Notlösung, die nicht beliebig gelten und ausgeweitet werden darf.

Deswegen ist doch sehr irritierend, was der Ministerpräsident dieser Tage im Sommerinterview mit Sat.1 zu dem Thema gesagt hat. Er sagte nämlich: ‚Ich prognostiziere, dass das wirklich ein Modell für die Zukunft ist.‘ Aber genau das kann, soll und darf die Öffnung des Fachkräftekatalogs nicht sein. Wir unterstützen deswegen die Forderungen des neuen ‚Bündnisses Frühe Bildung Hessen“ (BFB), um der Entprofessionalisierung der Arbeit in den Kitas entgegenzuwirken.

Denn auch wir sehen die Probleme, die mit dem erweiterten Fachkräftekatalog verbunden sind und im Gesetz von CDU und Grünen verbessert werden müssen. Deswegen fordern wir ein umfassendes, vom Land gefördertes Qualifikationsprogramm, das ausreichend Zeit für die Einarbeitung und die Weiterbildung der Beschäftigten vorsieht, die keine vollständige Ausbildung als Erzieherin oder Erzieher mitbringen. Außerdem muss verbindlich festgelegt werden, dass die Anerkennung der erforderlichen Qualifikationen zügig gewährleistet wird. Wichtig ist uns auch, dass die Auswirkungen des erweiterten Fachkraftkatalogs jährlich evaluiert werden, um auf mögliche negative Entwicklungen unmittelbar reagieren zu können.

Die Kitas sind Bildungseinrichtungen, die zwingend auf gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher angewiesen sind. Der Fachkräftemangel, der unbestreitbar herrscht, darf nicht dazu führen, dass dauerhaft Abstriche bei der Qualifikation der Beschäftigten akzeptiert werden. Vielmehr muss der Mangel an Fachkräften in den Kitas dadurch bekämpft werden, dass das Arbeiten dort attraktiver wird – und dazu gehört ganz wesentlich eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher. Außerdem muss das Schulgeld während der Ausbildung komplett abgeschafft werden. Erst, wenn wieder mehr Menschen bereit sind, sich auf den Erzieherberuf einzulassen, wird es auch gelingen, die Arbeitsbelastung der Beschäftigten durch kleinere Kita-Gruppen zu reduzieren und die Fachkraft-Kind-Relation zu verbessern. Und dann steht auch wieder mehr Zeit für die mittelbare pädagogische Arbeit zur Verfügung.

Wesentlich ist jedenfalls, dass das jahrelange Versagen der Landesregierung aus CDU und Grünen bei der frühkindlichen Bildung nicht länger zu Lasten der Kinder, Eltern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht.“